Rittinger & Peine
Rechtsanwälte
Herzog-Heinrich-str.6
80336 München
11.01.2007

Herrn Bürgermeister Stefan Schelle
Gemeinde Oberhaching
Alpenstr. 11
82041 Oberhaching

Bürgerbegehren "Unser Oberhaching – mit Grund und Boden sparsam umgehen!"

Verletzung des Neutralitätsgebots nach Art. 18a Abs. 15 BayGO durch die Bekanntmachung in den Kybergnachrichten Heft 1/2007 S. 12

Sehr geehrter Herr Bürgermeister!

In Art. 18a Abs. 15 BayGO ist folgendes festgelegt:

"Die im Gemeinderat und die von den vertretungsberechtigten Personen des Bürgerbegehrens vertretenen Auffassungen zum Gegenstand des Bürgerentscheids dürfen in Veröffentlichungen und Veranstaltungen der Gemeinde nur in gleichem Umfang dargestellt werden. Zur Information der Bürgerinnen und Bürger werden von der Gemeinde den Beteiligten die gleichen Möglichkeiten wie bei Gemeinderatswahlen eröffnet."

Die obengenannte Bekanntmachung in den Kybergnachrichten entspricht einer absolut einseitigen Darstellung des Bürgerbegehrens. Dies gilt sowohl für die Ausführungen zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens als auch für dessen Zielssetzungen.

a) Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens

In der fraglichen Bekanntmachung werden juristische Fehleinschätzungen in apodiktischer Form dem Bürger als angeblich unumstrittenes amtliches Ergebnis vorgestellt.

Die Behauptung, das A b w ä g u n g s g e b o t werde vom Entwurf des Bürgerbegehrens nicht eingehalten, ist offensichtlich falsch. Das Bürgerbegehren formuliert im Gegenteil ganz deutlich wie folgt:

" Sind Sie dafür, dass alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um . . . . "

Dies ist die Formulierung, die vom Bayerischen Staatsministerium des Innern für Fälle von Bürgerbegehren zur Bauleitplanung empfohlen wird, um das Abwägungsgebot zu berücksichtigen.

Die bloße Behauptung des Gegenteils kann daran nichts ändern. Sie wird durch ständige Wiederholung nicht überzeugender.

Die reichlich unbekümmerte Behauptung, es läge eine unzulässige K o p p e l u n g unterschiedlicher Themenbereiche vor, ist ebenfalls unrichtig. Die nunmehr vorliegende 2. Fassung des Bürgerbegehrens stellt nämlich nur eine einzige Frage, nämlich die Frage nach der Lage und dem Umfang der bebaubaren Flächen. Diese Frage ist die wichtigste und entscheidende Perspektive bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans. Es gibt keinen vernünftigen Grund, dem Bürger eine Entscheidung in dieser Frage zu verwehren.

b) die Bindungswirkung

Der Bürgerentscheid hat nach Art. 18a Abs. 13 BayGO die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses und ist zumindest für 1 Jahr bindend. Die Darstellung in den Kybergnachrichten , ein nachfolgendes Änderungsverfahren für den Flächennutzungsplan sei "v ö l l i g e r g e b n i s o f f e n " ist daher ebenfalls unrichtig.

Es gibt lediglich einen B e u r t e i l u n g s s p i e l r a u m bei der Gesamtabwägung, der es zulässt, bei Nachweis überzeugender oder zwingender Gesichtspunkte, in marginalem Rahmen Veränderungen am Bürgerentscheid vorzunehmen.

c) Inhalt und Zielsetzung des Bürgerbegehrens

werden in der fraglichen Bekanntmachung überhaupt nicht dargestellt. Im Gegenteil wird lediglich die Position der Gemeinderatsmehrheit dargelegt, die Bauflächen seien bereits ausreichend reduziert und eine moderate und organische Entwicklung von innen nach außen sei gewährleistet.

Da diese einseitige und unrichtige Darstellung bereits veröffentlicht ist, besteht ein

Rechtsanspruch auf Gegendarstellung.

Ich darf Sie daher in Namen der Initiatoren des Bürgerbegehrens auffordern, folgende G e g e n d a r s t e l l u n g in den Kybernnachrichten für Februar 2007 an gleichwertiger Stelle zu veröffentlichen:

Bürgerbegehren "Unser Oberhaching – mit Grund und Boden sparsam umgehen!"

"Die einseitigen und unzutreffenden Darlegungen in den Kybergnachrichten (2007 Heft 1, S. 12) über die Zulässigkeit und die Zielsetzungen des Bürgerbegehrens veranlassen die Initiatoren zu folgender G e g e n d a r s t e l l u n g :

1. Das Bürgerbegehren ist nach Auffassung der Initiatoren und zahlreicher kompetenter Verwaltungsjuristen einwandfrei zulässig. Sogar das Landratsamt München als Rechtsaufsichtsbehörde ist dieser Auffassung. Der Flächennutzungsplan stellt eine Selbstverwaltungsangelegenheit dar und ist daher möglicher Inhalt eines Bürgerbegehrens.

Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot liegt nicht vor. Im Gegenteil lässt Satz 1 des Bürgerbegehrens die Abwägung ausdrücklich zu. Der Gemeinderat ist an ein Bürgerbegehren gebunden und könnte allenfalls bei Nachweis überzeugender oder zwingender Argumente gewisse Abweichungen beschließen. Es trifft daher n i c h t z u , dass nach einem Bürgerentscheid ein neues Verfahren mit "v ö l l i g o f f e –

n e m Ausgang" folgen würde.

Auch eine unzulässige Koppelung von nicht zusammenhängenden Fragen liegt nicht vor. Das Bürgerbegehren besteht vielmehr nur aus einer einzigen Forderung, nämlich, dass die derzeit geplanten Bauflächen von 53 ha auf 35 ha reduziert werden. Nach der Rechtsprechung des Bayer. Verfassungsgerichtshofs (E.v. 24.2.2000) könnten sogar verschiedene Fragen, die in einem inneren Zusammenhang stehen, in einem Begehren zusammengefasst werden.

2. Die Initiatoren sind der Auffassung, das 53 ha (= 530 000 qm!) neues Bauland mit dem Charakter von Oberhaching unvereinbar wäre. 35 ha neues Bauland, wie vom Bürgerbegehran akzeptiert, sind mehr als genug! Die Tatsache, dass die Bauflächen des alten Flächennutzungsplans vom Jahre 1969, der mehr oder weniger das gesamte Gemeindegebiet als bebaubar darstellte, bereits erheblich reduziert wurden, ändert nichts an dieser Beurteilung.

53 ha neue Bauflächen würden den ländlichen Charakter von Oberhaching endgültig zerstören und zu einem Verkehrsinfarkt führen. So würde, um nur ein Beispiel zu nennen, auf die Bahnhofstraße nach dem Gutachten Lang/Ulzhöfer t r o t z Realisierung einer Bahnparallele eine zusätzliche Verkehrsbelastung von 73 % zukommen.

Hans Peter Peine

(Rechtsanwalt)

Anlage: Kybergnachrichten 2007 H.1, S. 12
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3. Presse
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